Tar-Syndrom
Herzlich Willkommen

Katrin

Liebe Eltern,TAR Syndrom haben die Ärzte nun bei eurem Kind diagnostiziert. Ein ziemlich komplizierter Begriff, der die Abkürzung für ein Syndrom ist, von dem ihr noch nie was gehört habt. Vielleicht wusstet ihr nichts, habt es aber schon von euren Ärzten gehört, dass euer Kind eine Behinderung hat, irgendwas mit verkürzten Armen und ganz viel Blut. Ich habe das TAR Syndrom, seit jetzt 36 Jahren, das sogenannte Lang-Arm TAR. Ich schreibe euch, um euch etwas Mut zu machen: auch ein Leben mit TAR ist möglich. Mein Name ist Katrin und ich wurde 1979 im Raum Hannover mit ca 5000-9000 Trombozythen und 3250 Gramm geboren. Ich wurde nicht mehr und lag 4 Monate in der Klinik, eine Zeit in der nicht sicher war, dass ich überlebe. Das 1. Jahr ist bei Säuglingen mit dem TAR Syndrom kritisch. Mit 2 Jahren wurde ich in Hamburg im Wilhelmstift an den Armen operiert. Eine OP die mir geholfen hat und ich dadurch an Bewegungsfreiheit gewonnen habe. Der Umgang mit Ärzt*innen ist nicht immer leicht, aber ihr werdet es einfacher haben als meine Familie damals. So wenig Kontakt zur Krankenhäusern wie möglich, nur so viel nötig. Ein Drahtseilakt, ich weiss. Aber wichtig für das Kind. Klinikaufenthalte, Arztbesuche, Blutabnahmen sind anstrengend und teilweise auch traumatisierend für Kinder. Heute weiss man mehr über das TAR Syndrom, das Internet klärt auf und der Kontakt zu anderen Kindern mit TAR ist einfacher herzustellen. Ich ging mit 3 Jahren in den Kindergarten, später in die Regelschule. Alles nicht immer einfach, aber im Rückblick richtig und wichtig. Ein Abschotten in die ,,Welt der Behinderten“ hindert das Kind eigene Erfahrungen zu machen, ein in ,,Watte packen“ ist keine gute Vorbereitung auf das Leben. Ja es wird nicht alles können, was ein gesundes Kind kann. Öfters krank, nicht so schnell wie andere, andere gucken? Auch das wird sein, aber nicht nur: auch hier hat sich viel geändert. Die Menschen gaffen nicht mehr so sehr, als zu meiner Zeit, ihr werdet es vielleicht mehr merken, als euer Kind. Wie man mit Gaffern umgeht ist eine Frage der Stimmung, manchmal gafft man zurück oder ignoriert es.
Auch hier entwickelt ihr ein Gefühl dafür, wichtig aber ist, dass euer Kind ein Gefühl dafür entwickelt. Machen lassen! Immer machen lassen, ausprobieren! Ihr werdet eurem Kind nie exakt beibringen können wie es schwimmen soll, Schleife binden, Fahrrad fahren: Das muss euer Kind selbst ausprobieren. So wie ihr es mit einem gesunden Kind auch gemacht hättet. Das Kind findet selbst Lösungen, auch wenn es manchmal schwierig sein wird. Viele mit TAR Syndrom suchen sich Hobbys bei denen die Arme zum Einsatz kommen. Scheint wohl normal zu sein. Ich habe 7 Jahre Gitarre gespielt. Euer Kind beweint, dass es vielleicht nicht Klavier spielen kann. Stellt euch die Frage, würde es auch Klavierspielen, wenn es keine Behinderung hätte? Und die Pubertät!? Ach je die ist immer schwierig, war sie bei euch einfach? Dann werden Unterschiede deutlich und der Liebeskummer kann härter werden, als bei anderen. Mich haben die anderen nie so wirklich interessiert, hatte aber zu kämpfen, dass ich niemanden kannte mit dem ich meine Erfahrungen teilen konnte. Der Drahtseilakt zwischen dem Erlebten und den Erfahrungen der Mitschüler*innen war schwierig. Ich war oft krank, häufig haben mich Lehrer*innen abgeschrieben und mir wenig zu getraut, aber ich habe es immer wieder geschafft und durchgezogen. Nach der Schulzeit, packte ich meine Koffer und bin viel in der Welt rumgereist. Hatte Spaß dran, die Erfahrungen, die man aus der Zeit des Krankenhaus und im Umgang mit Ärzten gelernt hat, prägen manchmal zum Vorteil, manchmal zum Nachteil. Man sammelt in den Jahren mehr Wissen an, als der einzelne Arzt jemals haben wird. Gute Ärzte*innen zu finden ist schwierig, wenn ihr sie habt, haltet sie fest. Ganz wichtig: das Leben besteht nicht nur aus Arztbesuchen und Therapien. Ich schlucke keine Medikamente und gehe nur zum Arzt wenn ich auch krank bin. Trombozythen steigen und sinken ...keine Panik! Man groovt sich ein, wird ruhiger mit der Zeit. Eine Behinderung ist kein Drama - nicht immer einfach und auch ich schlage nicht jeden Tag ,,flic-flac“ - aber machbar. Lieben Gruß Katrin
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Herzlich Willkommen

Katrin

Liebe Eltern, TAR Syndrom haben die Ärzte nun bei eurem Kind diagnostiziert. Ein ziemlich komplizierter Begriff, der die Abkürzung für ein Syndrom ist, von dem ihr noch nie was gehört habt. Vielleicht wusstet ihr nichts, habt es aber schon von euren Ärzten gehört, dass euer Kind eine Behinderung hat, irgendwas mit verkürzten Armen und ganz viel Blut. Ich habe das TAR Syndrom, seit jetzt 36 Jahren, das sogenannte Lang-Arm TAR. Ich schreibe euch, um euch etwas Mut zu machen: auch ein Leben mit TAR ist möglich. Mein Name ist Katrin und ich wurde 1979 im Raum Hannover mit ca 5000-9000 Trombozythen und 3250 Gramm geboren. Ich wurde nicht mehr und lag 4 Monate in der Klinik, eine Zeit in der nicht sicher war, dass ich überlebe. Das 1. Jahr ist bei Säuglingen mit dem TAR Syndrom kritisch. Mit 2 Jahren wurde ich in Hamburg im Wilhelmstift an den Armen operiert. Eine OP die mir geholfen hat und ich dadurch an Bewegungsfreiheit gewonnen habe. Der Umgang mit Ärzt*innen ist nicht immer leicht, aber ihr werdet es einfacher haben als meine Familie damals. So wenig Kontakt zur Krankenhäusern wie möglich, nur so viel nötig. Ein Drahtseilakt, ich weiss. Aber wichtig für das Kind. Klinikaufenthalte, Arztbesuche, Blutabnahmen sind anstrengend und teilweise auch traumatisierend für Kinder. Heute weiss man mehr über das TAR Syndrom, das Internet klärt auf und der Kontakt zu anderen Kindern mit TAR ist einfacher herzustellen. Ich ging mit 3 Jahren in den Kindergarten, später in die Regelschule. Alles nicht immer einfach, aber im Rückblick richtig und wichtig. Ein Abschotten in die ,,Welt der Behinderten“ hindert das Kind eigene Erfahrungen zu machen, ein in ,,Watte packen“ ist keine gute Vorbereitung auf das Leben. Ja es wird nicht alles können, was ein gesundes Kind kann. Öfters krank, nicht so schnell wie andere, andere gucken? Auch das wird sein, aber nicht nur: auch hier hat sich viel geändert. Die Menschen gaffen nicht mehr so sehr, als zu meiner Zeit, ihr werdet es vielleicht mehr merken, als euer Kind. Wie man mit Gaffern umgeht ist eine Frage der Stimmung, manchmal gafft man zurück oder ignoriert es. Auch hier entwickelt ihr ein Gefühl dafür, wichtig aber ist, dass euer Kind ein Gefühl dafür entwickelt. Machen lassen! Immer machen lassen, ausprobieren! Ihr werdet eurem Kind nie exakt beibringen können wie es schwimmen soll, Schleife binden, Fahrrad fahren: Das muss euer Kind selbst ausprobieren. So wie ihr es mit einem gesunden Kind auch gemacht hättet. Das Kind findet selbst Lösungen, auch wenn es manchmal schwierig sein wird. Viele mit TAR Syndrom suchen sich Hobbys bei denen die Arme zum Einsatz kommen. Scheint wohl normal zu sein. Ich habe 7 Jahre Gitarre gespielt. Euer Kind beweint, dass es vielleicht nicht Klavier spielen kann. Stellt euch die Frage, würde es auch Klavierspielen, wenn es keine Behinderung hätte? Und die Pubertät!? Ach je die ist immer schwierig, war sie bei euch einfach? Dann werden Unterschiede deutlich und der Liebeskummer kann härter werden, als bei anderen. Mich haben die anderen nie so wirklich interessiert, hatte aber zu kämpfen, dass ich niemanden kannte mit dem ich meine Erfahrungen teilen konnte. Der Drahtseilakt zwischen dem Erlebten und den Erfahrungen der Mitschüler*innen war schwierig. Ich war oft krank, häufig haben mich Lehrer*innen abgeschrieben und mir wenig zu getraut, aber ich habe es immer wieder geschafft und durchgezogen. Nach der Schulzeit, packte ich meine Koffer und bin viel in der Welt rumgereist. Hatte Spaß dran, die Erfahrungen, die man aus der Zeit des Krankenhaus und im Umgang mit Ärzten gelernt hat, prägen manchmal zum Vorteil, manchmal zum Nachteil. Man sammelt in den Jahren mehr Wissen an, als der einzelne Arzt jemals haben wird. Gute Ärzte*innen zu finden ist schwierig, wenn ihr sie habt, haltet sie fest. Ganz wichtig: das Leben besteht nicht nur aus Arztbesuchen und Therapien. Ich schlucke keine Medikamente und gehe nur zum Arzt wenn ich auch krank bin. Trombozythen steigen und sinken ...keine Panik! Man groovt sich ein, wird ruhiger mit der Zeit. Eine Behinderung ist kein Drama - nicht immer einfach und auch ich schlage nicht jeden Tag ,,flic-flac“ - aber machbar. Lieben Gruß Katrin
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